In der Sommersprachwerkstatt 2019 wurde das Thema „Schätze entdecken“ gemeinsam mit den Kindern erarbeitet. Dem Kernkonzept der Sprachwerkstatt entsprechend, wurden verschiedene Aktivitäten und Spiele konzipiert, um die Kinder einerseits in ihrer mehrsprachigen Persönlichkeitsentwicklung zu stärken und andererseits sprachliche Lernprozesse, insbesondere in Deutsch als Zweitsprache, anzuregen. Im Fokus steht dabei das deutsche Lokalisierungssystem, das im Sinne des Focus-on-Form-Ansatz (vgl. Rotter 2015) im Rahmen bedeutungszentrierter Aktivitäten fokussiert werden. Für das 2-wöchige Programm werden für die Kinder bedeutsame Aktivitäten unter gleichberechtigter Berücksichtigung (sozial)pädagogischer und zweitsprachendidaktischer Zielsetzungen erstellt. In diesem Jahr nahmen 10 Kinder teil, einige davon mit Fluchterfahrung.
In diesem Jahr wurde ein eigenes SprachSchatz-Lied entwickelt, das täglich zu Beginn und zum Abschluss gesungen wurde.
In der ersten Woche wurde eine Schatzkiste gebastelt, in die im Laufe der Zeit von den Kindern als wertvoll erachtete Dinge gegeben wurden.
Bastelaktivitäten wurden von den Kindern sehr gerne aufgegriffen und dienen in der Sprachwerkstatt dazu, die behandelten Themen phantasievoll zu verarbeiten und einen eigenen Ausdruck dafür zu finden. Die Pädagoginnen nutzen diese Phasen wiederum, um einerseits die Interessen und Talente der Kinder zu erfahren und andererseits in dialogischen Situationen individuell sprachliche Aushandlungsprozesse anzuregen.
Einen besonderen Stellenwert in der Sprachwerkstatt hat die gemeinsame Jause. Die Vorbereitung sowie das gemeinsame Essen werden genutzt, um die Kindern besser kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Dabei werden wiederum gezielt Formen in den Fokus genommen und interaktiv sprachliche Lernprozesse angeregt. Durch die gezielte Kontextoptimierung (Motsch 2004) und den Einsatz einer sprachsensiblen Gesprächsführung können so zahlreiche Situationen geschaffen werden, in denen die Kinder den Wortschatz hören und verarbeiten können. Im Laufe der Zeit werden die Kinder zu mehr Sprachproduktion angeregt.
Die Mehrsprachigkeit der Kinder wurde immer wieder direkt oder indirekt sichtbar (gemacht). Die Kinder werden ermutigt, die Sprachen als Lernressource zu nutzen, den Wert der Sprachen zu erkennen und zu zeigen. Die Kinder bringen ihre Familiensprachen in spielerischen Aktivitäten oder bei der gemeinsamen Jause mit ein und werden von den Pädagoginnen als wertvoll anerkannt.
Das in der Sprachwerkstatt eingesetzte Bilderbuch, welches in der zweiten Woche mit den Kindern spielerisch erarbeitet wurde, diente ebenfalls zur Erarbeitung eines szenischen Spiels. Die Kinder zeigten sich sehr begeisterungsfähig und kreativ bei der Ausgestaltung der Szenen und ihrer Kostüme.
Die Protagonistin des Buches, eine mutige Schnecke, wurde auch Teil der Lebenswelt der Kinder. In der ersten Woche zogen vier Weinbergschnecken in die Sprachwerkstatt ein. Diese lebten in einem Terrarium und mussten täglich mit frischem Löwenzahn und Klee versorgt werden. Die Weinbergschnecken stellten die Grundlage zahlreicher Gesprächsanlässe, die zudem den Fokus auf Lokalisierungen in natürlichen Situationen ermöglichten.
Neben dem szenischen Spiel wurden Handpuppen gebastelt, die die Kinder nutzen konnten, um die Geschichte nachzuerzählen. Das Einfinden in verschiedene Rollen kann im Spiel dazu führen, dass die Kinder sich in ihren sprachlichen Äußerungen sicher fühlen und zu mehr Sprachproduktion angeregt werden.
Auch erlebnispädagogische Aktivitäten eignen sich hervorragend, um die Kinder zu motivieren. Durch die Ergänzung um einen sprachlichen Fokus auf das deutsche Lokalisierungsystem werden die Kinder im Rahmen der Lingusti-Sprachwerkstatt für diesen besonders großen Stolperstein (vgl. Bryant) sensibilisiert. Ein gelungenes Beispiel für die Verbindung spielerischer Aktivität mit gleichzeitigem Sprachfokus stellt sicherlich das Chaosspiel dar. Dieses wurde in der Lingusti-Sprachwerkstatt zum Abschluss der zwei Wochen gespielt. Die Kinder wurden dazu in Gruppen eingeteilt. Zuvor wurden Kärtchen mit den Ziffern 1-80 auf dem gesamten Gelände verteilt. Auf diese wurden im Vorfeld Formulierungen geschrieben, welche den Kindern durch unseren sprachlichen Input vermehrt zur Verfügung gestellt wurden und sich in der Sprachwerkstatt als bedeutsam herausstellten. Beispiele dafür sind „die Schnecke kriecht am Rand entlang“ oder „das Bild hängt an der Wäscheleine“. Diese Kärtchen mussten von den Kindern aufgespürt und die Sätze vorgetragen werden. Erst danach erhielten die Kinder eine Aufgabe, die sie lösen mussten. Bei diesen Aufgaben handelte es sich um Aktivitäten wie beispielsweise: „Hüpfe auf einem Bein an den Rand der Terrasse“. Anhand der Beispiele wird deutlich, dass die Stolpersteine, die durch das deutsche Lokalisierungsystem entstehen, aufgegriffen werden. Durch den spielerischen Charakter des Spiels steht für die Kinder das Sprache lernen nicht im Vordergrund.
Fazit: Es war eine große Freude mit den Kindern zu arbeiten und dabei ihre Ressourcen und Talente zu entdecken und auch für sie sichtbar(er) zu machen. Eigens erstellte Ressourcenkarten wurden den Familien zum Abschied überreicht und sollen die Familien darin bestärken, dass ihre Kinder viele Schätze – mindestens eine Sprache zusätzlich – in sich tragen.
Team: Dr. Daniela Rotter – Carina Hopp M.Ed. – Dr. Carla Carnevale – Anna Ebner