Sommerwerkstatt 2022 – „So bin ich eben“

In der Sommersprachwerkstatt 2022 wurde in zwei Ferienwochen mithilfe des Bilderbuches „Niemals wilde Katzen kitzeln“ (von Pamela Butchard und von Marc Boutavant illustrativ untermauert) das Thema „So bin ich eben“ gemeinsam mit den Kindern erarbeitet. Dem Kernkonzept der Lingusti-Sprachwerkstatt entsprechend, wurden verschiedene Aktivitäten und Spiele konzipiert, um die Kinder einerseits in ihrer mehrsprachigen Persönlichkeitsentwicklung zu stärken und andererseits sprachliche Lernprozesse, insbesondere in Deutsch als Zweitsprache, anzuregen.  

Wir experimentieren gemeinsam und erfahren uns als Farbkünstler*innen

In diesem Jahr wurde eine Gruppe von 10 Kindern aus unterschiedlichen Herkunftsländern begleitet. In diesem Jahr waren die Sprachen ukrainisch, russisch, arabisch, indisch, BKS, ungarisch, türkisch und deutsch vertreten, sodass wir auf einen riesigen Sprachschatz zurückgreifen konnten. Das Angebot fand wie jedes Jahr zwischen 9:00 und 12:30 statt. In diesem Jahr wurden die Programmleiterinnen Daniela Rotter und Carina Hopp von 4 Studierenden der PH Steiermark unterstützt. Sie sammelten so außerschulische Praxiserfahrungen in der Arbeit mit mehrsprachigen Kindern, was für ihre Ausbildung und die Beziehungsarbeit von großer Relevanz ist. 

Schaukeln in der Hängematte – wer ist mutig und traut sich?
UNO spielen darf nie fehlen!

Wie in jedem Jahr wurde für die Programmgestaltung ein Bilderbuch genutzt, das mit den Kindern gelesen und durch verschiedenste Aktivitäten erarbeitet wurde.  

Zunächst wurde gemeinsam mit den Kindern ein kleiner Koffer gebastelt, in den die Kinder einerseits (gebastelte, gefundene, wichtige) Dinge aus der Zeit in der Sprachwerkstatt hineingeben und andererseits auch Erinnerungsstücke von Zuhause mitbringen konnten.  Ein solcher Erinnerungskoffer stellt eine wertvolle Methode aus dem Bereich der Biographiearbeit dar (vgl. Rappl 2018) und wurden genutzt, um eine Reflexion der eigenen Biographie und insbesondere ihren mitgebrachten Ressourcen anzuregen, um diese wertvollen Ressourcen für die Kinder deutlicher zu machen und sie zu stärken.   

Anhand dieser wiederkehrenden Aktivität, konnten immer wieder Redeanlässe geschaffen werden, die die Kinder zum Sprechen anregten. Gleichzeitig lernten wir die Kinder kennen und erhielten dadurch die Möglichkeit mehr und mehr auf sie und ihre Bedürfnisse einzugehen. Auch andere Bastelaktivitäten wurden von den Kindern sehr gerne aufgegriffen und dienten in der Sprachwerkstatt dazu, die behandelten Themen phantasievoll zu verarbeiten und einen eigenen Ausdruck dafür zu finden. Die Pädagoginnen nutzen diese Phasen wiederum, um einerseits die Interessen und Talente der Kinder zu erfahren und andererseits in dialogischen Situationen individuell sprachliche Aushandlungsprozesse anzuregen. Am vorletzten Tag wurden diese Schatzkisten inklusive Inhalt auf sog. Sesselausstellungen präsentiert. Dabei wurde der Inhalt der Schatzkisten auf jeweils einem individuellen Sessel dekoriert und die Kinder durften sich gegenseitig ihre Sessel vorstellen. Dadurch entstanden neue Redeanlässe, die Kinder durften sich zeigen und erlebten auch in dieser Situation erneut „So bin ich eben“ – und ich bin gut so, wie ich bin!

 Eine erprobte Aktivität, die den Kindern große Freude bereitet hat, war der eigenständige Nachbau eines  Zoos mit unterschiedlichsten Naturmaterialien. Wieso ein Zoo? Im Buch „Niemals wilde Katzen kitzeln“ unternimmt die Hauptfigur Line mit ihrer Klasse einen Ausflug in einen Zoo – dort passieren dann lauter lustige und unvorhergesehene Dinge. Dadurch kannten die Kinder bereits viele Begriffe rund um das Thema „Zoo“ und lernten interessante Besonderheiten der Tiere kennen. Die Kinder wurden in 2er-Teams aufgefordert, ein Gehege einzurichten und zu gestalten. Dabei unterstütze sie wiederum ein Team aus Pädagogin und Studierender/m, um sprachliche Lernprozesse anzuregen.  

Als neue Aktivität wurde in diesem Jahr gemeinsam mit den Kindern ein Lingusti-Tanz kreiert, der am letzten Tag auch den Eltern präsentiert wurde. Den Kindern machte es großen Spaß die vorgegebene Tanzchoreografie mit eigenen Ideen zu ergänzen und vorzuführen. Es war sehr schön zu sehen, dass die Gruppe in den zwei Wochen so gut zusammenwachsen konnte, um auch diese Aufgabe zu bewältigen. 

Als weitere Neuheit wurde in diesem Jahr auch unser Veranstaltungsort umgestaltet. Neben einer Gemütlichkeitsecke mit Spielen, Büchern und gemütlichen Kissen, wurde von uns auch viel Wert auf das Spielen in Kleingruppen gelegt, sodass die Kinder sich auch immer mal wieder zurückziehen konnten und mit uns in Einzelsettings spielen und sprechen konnten. Sowohl die Gemütlichkeitsecke, als auch das Angebot für Aktivitäten in den Kleingruppen wurde sehr gerne angenommen und konnte in diesem Jahr besonders deshalb bewerkstelligt werden, da wir aufgrund der Unterstützung der Studierenden ausreichend Pädagoginnen vor Ort hatten.

Einen besonderen Stellenwert in der Sprachwerkstatt hatte auch diesen Sommer die gemeinsame Jause. Die Vorbereitung sowie das gemeinsame Essen werden genutzt, um die Kinder besser kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Wie schon häufiger darauf verwiesen werden dabei wiederum von uns gezielt sprachliche Formen in den Fokus genommen, um interaktiv sprachliche Lernprozesse anzuregen. Durch die gezielte Kontextoptimierung (Motsch 2004) und den Einsatz einer sprachsensiblen Gesprächsführung können so zahlreiche Situationen geschaffen werden, in denen die Kinder den Wortschatz hören und verarbeiten können.

Wir zeichnen uns ab – So sind wir eben!

Auch in diesem Jahr durfte am Ende der Sprachwerkstatt unser Highlight, das sog. Chaosspiel nicht fehlen. Dabei werden die Kinder in Gruppen eingeteilt. Zuvor werden Kärtchen mit den Ziffern 1-80 auf dem gesamten Gelände verteilt. Auf diese wurden im Vorfeld Formulierungen geschrieben, welche den Kindern durch unseren sprachlichen Input vermehrt zur Verfügung gestellt wurden und sich in der Sprachwerkstatt als bedeutsam herausstellten.  Findet die Gruppe das entsprechende Kärtchen, müssen sich die Kinder den Satz merken und der Spielleitung sagen. Wenn dies gelingt, ist daraufhin noch eine gemeinsame Aufgabe zu erfüllen, z.B. „Hüpft mit dem Hüpfsack bis zum Rand der Terrasse“. Erst danach wird erneute gewürfelt und die Kinder müssen ein neues Kärtchen finden. Es entsteht nicht nur ein heilloses Chaos, sondern auch viel sprachliche Auseinandersetzung und eigene Sprachproduktion.  Es handelt sich um ein gelungenes Beispiel für die Verbindung spielerischer Aktivität mit gleichzeitigem Sprachfokus.

Da in diesem Jahr auch Kinder mit sehr geringen Deutschkenntnissen teilnahmen, wurden ganz wichtige und einfache sprachliche Formen vermittelt und der Fokus bei den verschiedenen Aktivitäten auf Zutrauen und Sicherheit in die neue Sprache und Umgebung gelegt. Uns hat es besonders gefreut zu sehen, dass die Kinder nach einiger Zeit eine immer größeren Redebereitschaft gezeigt haben und an den Aktivitäten mehr und mehr Freude entwickelt haben. Eine besonders tolle Nachricht erhielten wir nach Abschluss der Sprachwerkstatt von einer Mutter, dass ihre Tochter sehr gut ins neue Schuljahr gestartet war, mehr Selbstvertrauen hat und die Lehrerin große Fortschritte in der Sprachentwicklung bemerkte. Dies ist auch für uns ein großes Kompliment und zeigt, wie wertvoll und wichtig die Arbeit und gemeinsame Zeit mit den Kindern ist.

Unser  Fazit: Es war - wie jedes Jahr – eine große Freude mit den Kindern zu arbeiten und dabei ihre Ressourcen und Talente zu entdecken und auch für sie sichtbar(er) zu machen. Eigens erstellte Ressourcenkarten wurden auch dieses Jahr den Familien zum Abschied überreicht und sollen die Familien darin bestärken, dass ihre Kinder viele Schätze – mindestens eine Sprache zusätzlich – in sich tragen.   

gemeinsames Spielen und Lesen in der Gemütlichkeitsecke

Praktikum

Für die Projektphase 2 zwischen März und Dezember 2019 suchen wir 2 PraktikantInnen, die uns bei der Umsetzung des Konzeptes in 2 Grazer Kindergärten unterstützen.

Wir bieten:

  • Einblicke in ein innovatives wissenschaftlich fundiertes Konzept für den Bereich Deutsch als Zweitsprache im Elementarbereich
  • Individuelle Vorbereitung auf die eigene Arbeit in sprachlich heterogenen Gruppen
  • Professionelle Begleitung und angeleitete Reflexion durch die Projektleiterinnen
  • Mitarbeit bei der Planung verschiedener Aktivitäten
  • Mitarbeit bei der Erstellung der Materialien
  • Unterstützung bei der Umsetzung in der Praxis
  • Mitarbeit in der Konzeption und Durchführung von Fortbildungsworkshops

Voraussetzungen:

  • Pädagogisches Grundwissen
  • Interesse am Themenkomplex Migration und Integration, Deutsch als Zweitsprache
  • Offenheit und Interesse an anderen Sprachen und Kulturen
  • sprachwissenschaftliches Grundlagenwissen von Vorteil
  • Bereitschaft zur persönlichen Einarbeitung in das Konzept (Vorarbeit i.S. einer Auseinandersetzung mit dem Konzept, Reflexion/Austausch/Lektüre in Absprache mit den Projektleiterinnen, wobei dies unterstützt wird)
  • Interesse an wissenschaftlicher Arbeit und deren Umsetzung in der Praxis

Kontakt:

Dr.in Daniela Rotter

Telefon: 0660 357 3962

E-Mail: lingustini@gmx.at

www.sprachschatz.at